Man sucht ja immer nach Beschäftigungen… im Sommer vielleicht ins Schwimmbad? Nein, ich hasse Schwimmbäder. Deshalb gehe ich viel lieber in das Bad, das die Japaner erfunden haben: In den Wald. Shinrin Yoku heißt Waldbaden und gilt in Japan als Medizin. Da ich aus dem Schwarzwald komme, kenne ich diese Medizin schon seit frühester Kindheit. Nur hieß sie damals Waldspaziergang oder Wandertag.
Diese sinnvolle Beschäftigung scheinen wir smartphonedressierten Zivilisationsmenschen jedoch beinahe vergessen zu haben. Umso schöner, dass jetzt einfach die Japaner daher kommen und es uns wieder in Erinnerung rufen. Deshalb ist das Waldbaden auch in Deutschland mittlerweile zu einem Begriff geworden. Im Internet gibt es jede Menge Informationen und sogar ganze Websites dazu.
Hier ein sehr schöner Artikel zum Thema aus der ZEIT. Weiterführende Informationen findest du auch in diesem tollen Artikel von Primal State, Magazin und Shop für Biohacking und gesundes Leben.
Denn genauso wie ein Waldlauf die ursprüngliche Form des Joggens war und ein Trimm-dich-Pfad die Vorform der Verrenkungen, die der geneigte Zuschauer bei den heutigen Joggern als Dehnungsübungen betrachten darf, ist der Waldspaziergang die europäische Form des Waldbadens. Um die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Wald und Wiesen weiß man auch hierzulande schon lange. Aber da Sport inzwischen eine große Marketingmaschine geworden ist, mit der man viel Geld verdienen kann – von mehrfach bereiften Sportschuhen bis zu Funktionsklamotten und Trainingsgurten, um den Puls zu messen, ist der schlichte Waldspaziergang etwas in den Hintergrund geraten.
Dennoch ist Waldbaden etwas ganz anderes als Jogging oder Training. Beim Joggen geht es um Fitness, Ausdauer, Muskelbildung, Gewichtskontrolle oder was auch immer der Einzelne dabei für ein Ziel hat. Man ist eher auf sich selbst fokussiert als bewusst die Umgebung wahrzunehmen. Beim Waldbaden hingegen geht es um – gar nichts. Es ist ein Üben von Achtsamkeit, bewusst den Augenblick zu erleben, einfach zu verweilen und mal gar nichts zu tun. Nur wahrnehmen, was gerade ist: das Moos unter den Füßen, die frische und sauerstoffreiche Luft, die man atmet, das Sonnenlicht, das durch die Bäume schimmert, der harzige Duft der Tannen, das Rascheln der Blätter, das Zwitschern der Vögel, das Knacken der Zweige, und vielleicht sogar ein Reh oder ein Fuchs, die in dieser Stille des Weges kommen.
Das Schöne am Waldbaden ist: Es kostet nichts. Genau das aber gefällt der oben erwähnten Marketingmaschine überhaupt nicht. Außerdem macht ein Waldspaziergang zu jeder Jahreszeit Spaß und ist ein Jungbrunnen für Körper und Seele.
Für Alkoholiker, die trocken werden und bleiben wollen, kann das Baden im Wald zu einer idealen Komponente der Selbstfürsorge werden. Nachgewiesenermaßen hat der Aufenthalt in der Natur auch einen positiven Effekt auf die sogenannte Neurogenese, das heißt auf Bildung neuer Nervenzellen und Verbindungen im Gehirn. Damit ist Waldbaden auch ein Schutz vor Alzheimer, Demenz und Erkrankungen des Bewegungsapparates. Siehe die Buchempfehlung am Ende des Artikels.
Ich versuche mehrmals in der Woche einen Waldspaziergang von mindestens einer halben Stunde zu machen, wenn möglich auch länger. Da ich zwei Hunde habe und der Wald nicht weit von meiner Wohnung entfernt liegt, ist das kein Problem. Manchmal, zum Schutz der Umwelt allerdings nur selten, fahre ich auch mit dem Auto in einen weiter entfernten, sehr ursprünglichen Wald. Dort habe ich das Gefühl, das Waldbaden ist noch effektiver. Ich komme jedesmal glücklich und zufrieden nach Hause und schlafe in der folgenden Nacht wie ein Baby.
Wer mitten in der Stadt wohnt und keinen Wald in der Nähe hat, ist leider etwas benachteiligt. Allerdings sind auch schon ein Park oder eine kleine Grünanlage besser als nichts. Wie man es auch immer anstellt – wer versucht, so viel Zeit wie möglich im Wald zu verbringen, lebt gesünder.
Also, auf geht’s zum Baden.
Ich empfehle, Bücher im lokalen Buchhandel zu kaufen.
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